26 Sep. 2025, Fr.

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„ICH GLAUBTE, ICH GELOBTE, ICH WURDE GEHEILT!“
Artemide Zatti: Evangelium der Berufung und Kirche der Heilung


„Wenngleich das Mosaik unserer Heiligen und Seligen reich an namhaften Vertretern war – Gründer, Mitgründer, Oberhirten, Missionare, Märtyrer, Priester, Jugendliche – fehlte immer noch ein wertvoller Mosaikstein, und zwar die Figur eines Koadjutors. Das wird nun auch realisiert.“1

Mit diesen Worten begann Pater Juan Edmundo Vecchi, der achte Nachfolger Don Boscos, seinen Brief anlässlich der Seligsprechung von Artemide Zatti.

Wenn dem „Mosaik unserer Heiligen“ ein Stein fehlte, so erstrahlt dieses Mosaik heute in einem ganz besonderen Glanz, denn in wenigen Wochen werden wir ein großes Geschenk des Herrn erleben dürfen: die Heiligsprechung eines der Söhne Don Boscos, Salesianer-Koadjutor, italienischer Auswanderer nach Argentinien und Krankenpfleger, die durch Papst Franziskus am 9. Oktober 2022 vorgenommen wurde.

Artemide Zatti wird somit der erste salesianische Heilige sein, der kein Märtyrer ist und heiliggesprochen wird. Die Heiligsprechung des ersten salesianischen Heiligen und eines salesianischen Koadjutors verleiht der Reihe von Vorbildern salesianischer Spiritualität, die von der Kirche offiziell als solche deklariert werden, zweifelsohne einen Hauch von Vollständigkeit.

Ich zitiere das beeindruckende persönliche Zeugnis voller spiritueller Tiefe und Glauben, das Artemide Zatti 1915 in Viedma anlässlich der Einweihung eines Denkmals auf dem Grab von Pater Evasio Garrone (1861-1911) ablegte, einem verdienten Salesianermissionar, den Artemide für einen bedeutenden Wohltäter hielt.

„Wenn ich gesund bin und meinem kranken Nächsten etwas Gutes tun kann, verdanke ich das Pater Garrone, dem Arzt, der mir, als er sah, dass sich mein Gesundheitszustand von Tag zu Tag verschlechterte, da ich an Tuberkulose mit häufigen Blutungen litt, mit großem Nachdruck sagte, dass ich, wenn ich nicht wie viele andere enden wolle, Maria, der Helferin der Christen, geloben solle, immer an ihrer Seite zu bleiben und ihr bei der Pflege der Kranken zu helfen, und dass er, im Vertrauen auf Maria, mich heilen werde.

ICH GLAUBTE, weil ich vom Ruf her wusste, dass Maria, die Helferin der Christen, ihm auf sichtbare Weise geholfen hat.

ICH GELOBTE, denn es war immer mein Wunsch, meinem Nächsten in irgendeiner Weise behilflich zu sein.

Und da Gott seinen Diener erhörte, WURDE ICH GEHEILT. [Gezeichnet] Artemide Zatti“.

Wir sehen, dass das salesianische Leben von Artemide Zatti nach diesem Zeugnis auf drei Verben beruht, die von seiner Großzügigkeit, Zuversicht und Verlässlichkeit zeugen. Um die Gabe der Heiligkeit dieses großen salesianischen Koadjutors zu würdigen, möchten wir über diese drei Verben und ihre außerordentlichen Früchte der Güte meditieren, damit sie die Wünsche, Träume und Verpflichtungen unserer Kongregation und eines jeden von uns tief berühren und in jedem eine erneuerte und fruchtbare Treue zum Charisma Don Boscos fördern.

Kurzbiografie von Artemide Zatti2

Artemide Zatti wurde am 12. Dezember 1880 in Boretto (Reggio Emilia) als Sohn von Albina Vecchi und Luigi Zatti geboren. Die bäuerliche Familie erzog ihn zu einem armen und hart arbeitenden Menschen, der von einem einfachen, das Leben leitenden und nährenden, tiefen Glauben geprägt war.

Im Alter von neun Jahren arbeitete Artemide, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen, als Tagelöhner bei einer wohlhabenden Familie.

Im Jahr 1897 wanderte die Familie Zatti nach Argentinien aus und ließ sich in Bahia Blanca nieder. Artemide kam im Alter von siebzehn Jahren in diese Stadt und lernte in der familiären Umgebung schnell, sich den Härten und der Verantwortung der Arbeit zu stellen. Er fand Arbeit in einer Ziegelfabrik und entwickelte gleichzeitig eine tiefe Beziehung zu Gott unter der Leitung des Salesianers Pater Carlo Cavalli, seinem Pfarrer und geistlichen Begleiter. Artemide fand in ihm einen wahren Freund, einen weisen Beichtvater und einen authentischen und erfahrenen geistlichen Begleiter, der ihn in den täglichen Rhythmus des Gebets und des wöchentlichen sakramentalen Lebens einführte. Mit Pater Cavalli baute er eine geistliche Beziehung und Zusammenarbeit auf3 . In der Bibliothek des Pfarrers hatte er Gelegenheit, die Biografie Don Boscos zu lesen und war fasziniert davon. Das war der eigentliche Beginn seiner salesianischen Berufung.

Im Jahr 1900 ersuchte Artemide, inzwischen 20-jährig, auf Einladung von Pater Cavalli um Aufnahme in das Salesianer-Aspirantat in Bernal, einer Stadt in der Nähe von Buenos Aires.

Im Jahr 1902, kurz vor dem Eintritt ins Noviziat, erkrankte Artemide jedoch an Tuberkulose. Pater Vecchi berichtet in seinem Brief: „Die Oberen, die sich seiner Verantwortlichkeit sicher waren, vertrauten ihm die Pflege eines jungen, an Tuberkulose erkrankten Priesters an. Zatti nahm die Aufgabe mit großer Hilfsbereitschaft an, erkrankte aber später ebenfalls an Tuberkulose.“4

Schwer erkrankt kehrte er nach Bahía Blanca zurück, woraufhin Pater Cavalli ihn nach Viedma schickte, wo er sich in die Obhut des Salesianers Pater Evasio Garrone begab, der dank seiner langjährigen Erfahrung in Medizin bewandert und Leiter des von Msgr. Cagliero gegründeten Krankenhauses San José war.

Ich finde es sehr bezeichnend, dass Artemide in Viedma auf den heute seliggesprochenen Zefirino Namuncurá aus Buenos Aires traf, der wie er an Tuberkulose litt. Die beiden, wenngleich unterschiedlich alt, lebten in freundschaftlicher Beziehung, bis Zefferino 1904 mit Bischof Giovanni Cagliero nach Italien übersiedelte.

Nach einer zweijährigen Behandlung in Viedma mit unbefriedigendem Ergebnis bat Pater Garrone Artemide, durch Fürbitte der Heiligen Jungfrau um Heilung zu bitten, und gelobte, sein ganzes Leben der Krankenpflege zu widmen. Nachdem er das Gelübde in lebendigem Glauben abgelegt hatte, wurde Artemide geheilt und begann 1906 sein Noviziat.

Aufgrund der Risiken, die sein früherer Gesundheitszustand mit sich brachte, musste Artemide sein Vorhaben, Priester zu werden, aufgeben und legte am 11. Januar 1908 als Koadjutor bei den Salesianern Don Boscos die Profess ab. Diese Tatsache brachte Artemide ein großes Wachstum im Glauben. In der Tat gab er seinen Wunsch, Salesianerpriester zu werden, nicht auf und dachte weiterhin über eine priesterliche Berufung in der Salesianerkongregation nach, insbesondere als sich sein Gesundheitszustand zu verbessern schien. Deshalb „ist es bewegend, die unerschütterliche Verbundenheit mit seiner Berufung festzustellen, die sich selbst dann zeigte, als die Krankheit diesen Weg absolut auszuschließen schien. Lesen wir zum Beispiel, was er am 7. August 1902 an die Seinen schrieb: „Ich lasse Euch wissen, dass es nicht nur mein Wunsch war, sondern auch der meiner Oberen, den heiligen Habit anzulegen; aber es gibt einen Artikel der Heiligen Regel, der besagt, dass jemand, der das Geringste in Bezug auf die Gesundheit hat, den Habit nicht empfangen kann. Wenn Gott mich also bisher noch nicht für würdig befunden hat, so vertraue ich auf eure Gebete, dass er mich bald heilt und damit meine Wünsche erfüllt.“5

Aber schließlich mussten die Oberen Zatti angesichts der Krankheit und des Alters (23-24 Jahre alt) vorschlagen, die Profess als Salesianer-Koadjutor abzulegen. Es besteht kein Zweifel, dass „es die totale Hingabe an Gott im salesianischen Leben war, die Artemide in erster Linie anstrebte.“6

Selbst an diesem entscheidenden Punkt seines Lebens geht Zatti einen Weg der Reife. Im Brief von Pater Vecchi lesen wir: „Priester? Koadjutor? Er selbst sagte zu einem Mitbruder: ‚Du kannst Gott entweder als Priester oder als Koadjutor dienen: in Gottes Augen ist das eine so viel wert wie das andere, solange du es als Berufung mit Liebe lebst‘.“7

Am 11. Februar 1911 legte er die ewigen Gelübde ab und übernahm im selben Jahr, nach dem Tod von Pater Garrone, zunächst die Leitung der Apotheke des Hospitals San José in Viedma und dann – ab 1915 – die Leitung Krankenhauses. Das Krankenhaus und die Apotheke wurden zum Arbeitsfeld von Artemide.

So war Zatti ab 1915 25 Jahre lang mit großer Energie, Aufopferung und Professionalität die Seele des Krankenhauses, das jedoch 1941 abgerissen werden musste: Die Oberen der Salesianer beschlossen, das bis dahin von der Gesundheitseinrichtung belegte Gelände für den Bau des Bischofssitzes zu nutzen. Artemide litt sehr unter dem Gedanken an den Abriss, aber im Geiste des Gehorsams akzeptierte er die Entscheidung und verlegte die Kranken auf das Gelände der Landwirtschaftsschule Sant‘Isidro, wo er eine neue Struktur für die Pflege und Unterstützung der Kranken und Armen schuf.

Nach weiteren Jahren intensiven Dienstes, wurde 1950 – nachdem er von seinen Aufgaben in der Gesundheitsverwaltung entbunden worden war – anlässlich eines Sturzes bei Reparaturarbeiten in klinischen Untersuchungen ein Lebertumor festgestellt, der vergeblich behandelt wurde. Er akzeptierte die Entwicklung der Krankheit und lebte bewusst mit ihr. Er selbst stellte dem Arzt die Bescheinigung über seinen eigenen Tod aus! Es hatte großes Leiden zu tragen, aber er verbrachte seine letzten Monate in Erwartung des letzten Augenblicks, um sich auf die Begegnung mit dem Herrn vorzubereiten. Er selbst sagte: „Vor fünfzig Jahren kam ich hierher, um zu sterben, und jetzt bin ich an diesem Moment angekommen, was sollte ich mir noch wünschen? Schließlich habe ich mein ganzes Leben damit verbracht, mich auf diesen Moment vorzubereiten…“8

Sein Tod ereignete sich am 15. März 1951, und die Verbreitung der Nachricht mobilisierte die Bevölkerung von ganz Viedma, um diesem Salesianer, der sein ganzes Leben den Kranken, vor allem den Ärmsten, gewidmet hatte, ihre Dankbarkeit zu erweisen. In der Tat „begrüßte ganz Viedma den „Verwandten aller Armen“, wie er seit langem genannt wurde; ihn, der immer zur Verfügung stand, um besonders Kranke und Menschen, die vom weit entlegenen Land kamen, zu empfangen; der zu jeder Tages- und Nachtzeit zu allen, auch den zweifelhaftesten, Häusern Zutritt hatte, ohne dass jemand den geringsten Verdacht gegen ihn hegen konnte; der, obwohl er immer „in den roten Zahlen“ war, eine einzigartige Beziehung zu den Finanzinstituten der Stadt unterhielt, immer offen für Freundschaft und großzügige Zusammenarbeit mit denjenigen war, die das medizinische Korps der Stadt bildeten.“9

Die Beerdigung mit einer beeindruckenden Menschenmenge bestätigte den Ruf der Heiligkeit von Artemide Zatti, was zur Eröffnung des Diözesanprozesses in Viedma (22. März 1980) führte. Am 7. Juli 1997 wurde Zatti zum Ehrwürdigen und am 14. April 2002 von Johannes Paul II. zum Seligen erklärt.

Gottes Pädagogik in seinen Heiligen

Um sich der Figur des Artemide Zatti anzunähern, erweist sich die Orientierung an einem theologischen Prinzip, das von Hans Urs von Balthasar wiederholt wird, als wertvoll:

„Nur das Bild [von Jesus], das der Geist der Kirche schenkt, hat in den Jahrtausenden der Geschichte sündige Menschen in Heilige verwandeln können. Genau an diesem Kriterium der Kraft der Verwandlung sollte man den Wert einer Interpretation Jesu messen, die den Anspruch erhebt, uns ein Wissen über ihn zu vermitteln.“10

Mit diesen Worten unterstreicht Balthasar einen Beweis, der die Geschichte der Kirche immer begleitet hat: Das Wirken des Geistes manifestiert sich als verändernde Kraft im menschlichen Leben und bezeugt die immerwährende Relevanz und Vitalität des Evangeliums. Auf diese Weise lebt und verbreitet sich die frohe Botschaft Jesu nach der Regel der Menschwerdung weiter, und besonders im Fleisch und im Leben der Heiligen, aufgrund ihrer tiefen Zustimmung zum Geist, leuchtet Ostern in der geschichtlichen Aktualität eines immer neuen Hier und Jetzt auf, wo Wunder heranreifen, die den Glauben der Kirche bestätigen.

Die Heiligen sind also Verwirklichungen des Geistes, die mit der Einfachheit eines verklärten Lebens die genauen Züge des Sohnes anbieten, die der Vater der Welt in ihrer Mühsal geschenkt hat, in der Aktualität einer Zeit und in der Nähe von Orten, die des Heils und der Hoffnung bedürfen.

Wenn Gott seine Kirche durch das gehorsame Leben seiner fügsamsten und kühnsten Kinder führt, müssen die Reflexe des Evangeliums zunächst in der Geschichte eines jeden von ihnen aufleuchten und eine bloße Biografie in eine Hagiografie verwandeln, und dann müssen die österlichen Samen erkannt werden, die in der Lage sind, neue kirchliche Wege im Volk Gottes auszulösen.

Artemide Zatti bestätigt diese Regel der Heiligkeit: Die Hagiografie ist das Licht des Geistes, das von der Einfachheit seiner Biografie ausgeht, die so überzeugend ist, weil sie in der Fülle des Menschseins beheimatet ist, und so überraschend, dass sie „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offb 21,1) sichtbar macht; so hat der österliche Samen, der durch das Leben dieses salesianischen Koadjutors in das Feld der Welt gegeben wurde, Orte des Leidens – die Krankenhäuser von San José und Sant’Isidro – in außerordentlich strahlende Kinderstuben der christlichen Hoffnung verwandelt. „Er war eine aktive Präsenz im sozialen Bereich, beseelt von der Nächstenliebe Christi, die ihn innerlich antrieb.“11

Man kann dann über das Geschenk meditieren, das der Geist der Welt, der Kirche und der Salesianischen Familie mit der Heiligkeit Zattis macht, indem man zunächst die Leuchtkraft seiner Biografie betrachtet – ein Evangelium, das voll und ganz die Berufung, das Vertrauen und die Hingabe verkörpert -, um dann die österliche Kraft seines Apostolats zu betrachten, das in seinen Krankenhäusern die Kirche der Fürsorge, der Nähe, des Heils und der Miterlösung aufbaute, um den Glauben des Gottesvolkes zu nähren.

Wenn wir das Geheimnis, das Artemide Zattis Leben, seine Schritte, seine Arbeit, sein Engagement, seine Freude, seine Tränen … inspiriert und geleitet hat, kurz und bündig ausdrücken wollen, dann sind die Worte von Pater Vecchi zu diesem Zweck erschöpfend: „Jesus nachfolgen, mit Don Bosco und wie Don Bosco, überall und immer.“12

1. EIN MANN DES EVANGELIUMS

1.1 Das Evangelium der Berufung: „Ich glaubte“

Die Geschichte von Artemide Zatti zeichnet sich vor allem durch die Besonderheit seiner Berufung aus. Eine leuchtende Berufung, weil sie durch eine geheimnisvolle Pädagogik Gottes geläutert ist, die sich in seinem Leben durch verschiedene und anspruchsvolle Vermittlungen und Situationen entfaltet. Das christliche Leben ist der gemeinsame Atem der Familie Artemide, die alles im Licht des Geheimnisses Gottes liest; es wird die zweite, durch Auswanderung erreichte, argentinische Heimat sein, die die Verwurzelung der Familie Zatti in einem ungewöhnlichen Glauben zeigen wird. Karte. Kardinal Cagliero schreibt:

„Unsere Landsleute, selbst diejenigen, die zu den religiösesten Völkern Italiens gehören, scheinen ihr Wesen zu ändern, wenn sie hier ankommen. Die maßlose Liebe zur Arbeit, die religiöse Gleichgültigkeit, die in jenen Ländern herrscht, die sehr häufig angetroffenen schlechten Beispiele […] bewirken eine unglaubliche Verwandlung im Geist und im Herzen unserer guten Bauern und Handwerker, die im Tausch gegen ein bisschen Geld, das sie verdienen, ihren Glauben, ihre Moral und ihre Religion verlieren.“13

Die Familie Zatti erlag nicht dem Einfluss der Umwelt, sondern zeichnete sich im Gegenteil durch eine inbrünstige, freimütige und mutige Religionsausübung aus, die frei von Furcht war; und Artemide pflegte in der Familie weiterhin eine intensive Beziehung zu Gott, die durch Gebet, Fleiß und Rechtschaffenheit gekennzeichnet war; das heißt

„alles deutet darauf hin […], dass die religiöse Erziehung, die der Diener Gottes als Kind und in seiner frühen Jugend erhielt […], privilegiert gewesen sein muss und die geistliche Haltung erklärt, die er sein ganzes Leben lang beibehielt.“14

Die Erfahrung Artemides spiegelt die leuchtende Diskretion des „‚hohen Anspruchs‘ des gewöhnlichen christlichen Lebens wider“ (Novo Millennio Ineunte, 31), Frucht einer ausschließlichen Verwurzelung in Gott, eines Glaubens, der als mutiger und strahlender Gehorsam gelebt wird, weil er frei, freudig und fruchtbar ist.

Wenn der Salesianerpater Cavalli, Pfarrer von Artemide und Führer auf den Pfaden des Geistes, seine endgültige Lebensausrichtung unterstützen muss, wird seine Entscheidung nüchtern und klar sein: Er wird sich vergewissern, dass der Ruf, sich als Priester Gott ganz hinzugeben, im Herzen des jungen Mannes auf ganzheitliche und reine Weise widerhallt, nicht von der Suche nach sich selbst und dem Eigennutz verunreinigt, sondern von dem Wunsch entzündet, dem Evangelium des Reiches Gottes zu dienen.

Und aufgrund der einzigartigen Bereitschaft von Artemide, sich zu verschenken, beschränkt sich Gott nicht darauf, zu rufen, sondern ist in der Lage, das unumstößliche Zeichen seiner Gegenwart zu verbreiten: das Kreuz seines Sohnes. So wird mitten in der Berufungsentscheidung dieses jungen Mannes, der Priester werden will, das Siegel der göttlichen Vorsehung erkennbar: Artemide, der in Bernal als Aspirant aufgenommen wurde, wird gebeten, einen riskanten Dienst zu leisten, nämlich die Pflege eines tuberkulosekranken Priesters – wie bereits erwähnt. Der ohne Kalkül angenommene Dienst führt dazu, dass Artemide sich eine Krankheit zuzieht, die das Opfer seines Berufswunsches fordert: Zatti wird Salesianer, aber kein Priester.

Hier erkennen wir die Kraft des Evangeliums, die im Leben der Heiligen bedingungslos angenommen wird; eine Kraft, die eine reine Berufungsantwort hervorruft, weil sie von einem Herzen bewacht wird, das nicht nur vom Bösen losgelöst ist – eine wesentliche Voraussetzung, um auf die Stimme Gottes zu hören -, sondern auch zur Freiheit gegenüber dem Guten fähig ist, eine wesentliche Voraussetzung für einen felsenfesten Glauben an die Absolutheit Gottes.

Artemide, der im hellen Dunkel des Glaubens wandelt, opfert den Wunsch, der Kirche als Priester zu dienen, und macht sich gleichzeitig das Wesen des Priestertums nach Christus zu eigen, „der, vom ewigen Geist bewegt, sich selbst ohne Makel Gott dargebracht hat“ (Hebr 9,14).

Die Merkmale des Evangeliums der Berufung sind also unauslöschlich in der Fülle der Selbstaufopferung zu erkennen, die den Beginn des salesianischen Lebens von Zatti besiegelte, lange bevor es seine Vollendung fand.

Und die Treue zur laikalen Form salesianischen Lebens, die aus reiner Liebe zu Gott gelebt wird, wird sich in einem überzeugten und zufriedenen Leben entfalten, weit entfernt von jeder Reue.

Das ist das Evangelium der Berufung, der frohen Botschaft vom Ruf Gottes, der jedem seiner Kinder gebührt, ein Ruf, dessen Umfang, Gründe, Ziel und konkrete Entfaltung nur Gott kennt. Ein Ruf, der nur in der reinen Entsprechung der Liebe wahrnehmbar wird, die ihrerseits „den gefährlichsten Gegner überwinden will: die eigene Entscheidungsfreiheit. Jede wahre Liebe hat daher die innere Form eines Gelübdes: Sie bindet sich an den Geliebten aus Liebe und im Geiste der Liebe.“15

Das Evangelium der Berufung ist in der Heiligkeit Zattis das Evangelium des reinen Glaubens: die frohe Botschaft vom gesunden Atem des Herzens, der die Freiheit im Gehorsam gegenüber dem Plan Gottes spürt, Hüter des Geheimnisses eines jeden Lebens, das dazu berufen ist, eine fruchtbare Rebe des wahren Weinstocks zu sein, der der Weisheit des „Weingärtners“ (Joh 15,1) anvertraut ist.

Auf diese Weise provoziert die Heiligkeit von Artemide Zatti die Angst vor der Berufung in unserer Zeit, eine Angst, die das Herz in Misstrauen vor dem Geheimnis Gottes umklammert. Das Evangelium der Berufung, das durch das Leben dieses salesianischen Koadjutor-Heiligen verkündet wird, zeigt, dass es nur durch die Übereinstimmung mit dem Traum Gottes möglich ist, in jedem Alter und in jeder Situation die Lähmung des Ichs, die Armut seines Blicks und seiner Maßstäbe, die Enge seiner Unsicherheit und seiner Angst zu überwinden.

Als Pater Garrone – selbst ein Salesianer von herausragender Tugendhaftigkeit und großer medizinischer Kompetenz, die er durch seinen großzügigen Dienst an den Kranken erworben hatte – den an Tuberkulose erkrankten Artemide aufforderte, durch Fürbitte der Jungfrau Maria um die Gnade der Genesung zu bitten und ein Gelübde abzulegen, sein Leben den Kranken zu widmen, stellte Zatti seinen Glauben unter Beweis: einfach, uneigennützig, vorbehaltlos, in zwei Worten: „Ich glaubte!“

„Ich glaubte", das heißt, zwei Worte genügen, um Glauben auszudrücken, weil der Glaube rein ist; und nur dieser Glaube ist von großzügiger Berufung, wegen der Leichtigkeit seiner Reinheit, die „dem Herzen Flügel verleiht und den Füßen keine Ketten anlegt“.

Die Heiligkeit von Artemide Zatti erreicht unsere manchmal müden und tristen Wege der Berufung mit der bahnbrechenden Kraft eines „ich glaubte“, das nie versagt hat: die Gegenwart des Glaubens, die das ganze Leben durchzieht und es glaubwürdig macht. Sein Glaube war ein Glaube der ständigen Verbindung mit Gott. In den gesammelten Zeugnissen drückte Msgr. Pérez dies so aus: „Der Eindruck, den ich gewann, war der eines mit dem Herrn vereinten Menschen. Das Gebet war wie der Atem seiner Seele, sein ganzes Verhalten zeigte, dass er das erste Gebot Gottes voll und ganz lebte: Er liebte ihn von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und von ganzer Seele.“16

Wir sind aufgerufen, das Zeugnis Zattis zu würdigen, um die Begeisterung unserer Berufungspastoral zu erneuern und den jungen Menschen das Beispiel eines Lebens zu geben, das durch die Festigkeit des Glaubens erfüllt, einfach und mutig ist, durch die Kraft des Geistes und die Fügsamkeit der Berufenen.

1.2 Das Evangelium der Zuversicht: „Ich gelobte“

Das Evangelium der Berufung, von dem Zatti Zeugnis ablegt, belebt ein zweites Verb von grundlegender Bedeutung: geloben.

Die Schwäche menschlicher Gelöbnisse tritt heute oft zutage, man fürchtet die Unzuverlässigkeit, man erkennt die Unfähigkeit, endgültig zu entscheiden: daher der Rückgang an Berufungen, der die Familie, die Kongregationen in vielen Teilen der Welt und die Kirche betrifft, und der es dringend notwendig macht, das Evangelium vom Ruf Gottes und der Antwort des Gläubigen zu verkünden.

Von Balthasar, der über das Wesen der Berufung, die Frucht des echten Glaubens, nachdenkt, schreibt: „Es gibt keinen Weg zur Liebe, der nicht wenigstens eine Andeutung der Geste der Hingabe enthält. […] [Die Liebe] will sich endgültig hingeben, sich ausliefern, sich anvertrauen, sich einschließen. Sie will ihre Bewegungsfreiheit ein für alle Mal beim Geliebten lassen, um ihm ein Liebespfand zu hinterlassen. Sobald die Liebe wirklich zum Leben erwacht, will der zeitliche Augenblick in einer Form der Ewigkeit überwunden werden. Liebe auf Zeit, Liebe mit Unterbrechungen ist niemals wahre Liebe.“17

Artemide Zatti spürte schon in jungen Jahren und gerade in einem großen Moment der Prüfung den Ruf zur vollen Selbstverpflichtung in einem unwiderruflichen und radikalen Gelöbnis; als er im reifen Alter seine Dankbarkeit gegenüber Pater Evasio Garrone, seinem Wohltäter, bezeugte und sich an die Anfänge seines eigenen Weges der Weihe erinnerte, drückte Zatti das Wesen seiner jugendlichen Treue gegenüber dem Ruf des Herrn so aus: „Ich glaubte, ich gelobte".

Zattis „ich gelobte“ folgt seinem „ich glaubte“, prägt aber auch dessen Radikalität und menschliche sowie christliche Qualität. Artemide glaubt, weil er gelobt, und gelobt nicht nur, weil er glaubt: in ihm sehen wir die Regel des Glaubens verwirklicht, der, wenn er sich nicht auf die Bereitschaft zum Gelöbnis, zur Selbsthingabe verlassen kann, zu geistigem Interesse, zur Vorsorge und religiösem Vertrag verkommt.

Zatti erwartet keine Garantien dafür, dass er sein Leben aufs Spiel setzt, er bittet nicht darum, das „Hundertfache auf dieser Welt“ als Vorbedingung für das Auswerfen seiner Netze zu erhalten; vielmehr „bot er sich bereitwillig an, einem an Schwindsucht erkrankten Priester zu helfen, wobei er erkrankte: er klagte nicht, er nahm die Krankheit als Geschenk Gottes an und trug die Folgen mit Stärke und Gelassenheit.“18

Artemides Großzügigkeit wird also schon vor dem Ordensgelübde bezahlt, und der Preis ist hoch: eine unheilbare Krankheit, ein zerbrochener Berufswunsch, akutes Leiden und vor allem totale Ungewissheit. Aber an der Schnittstelle zwischen Glauben und Gelöbnis bewirkt das Evangelium der Berufung das Wunder der Heiligkeit in diesem Leben, schon von Jugend an.

Zattis Gelöbnis ist rein, uneigennützig wie sein Glaube, und lässt die Integrität der Hingabe an den Plan Gottes und die Großzügigkeit der Selbsthingabe und Selbstverpflichtung erkennen, die von echter theologischer Tiefe zeugen: Artemide macht sich das Leben des gehorsamen Sohnes zu eigen, der sich ganz und gar der Liebe des Vaters für das Heil der Welt anvertraut und bestimmen lässt.

Zattis Berufung ist ebenso tiefgründig wie einfach und klar: „Ich glaubte, ich gelobte. Zatti glaubte und gelobte mit evangelischer Radikalität, weil er die Passion des Herrn bereits als Regel seines Glaubens und seiner Hingabe praktiziert hatte, wie er in seinen Briefen an seine Familie nicht müde wurde zu wiederholen: ‚Unsere Freuden sind die Kreuze, unser Trost sind die Leiden, unser Leben sind die Tränen, aber mit der immer lieben und unzertrennlichen Begleiterin an unserer Seite, der Hoffnung, das schöne Paradies zu erlangen, wenn unsere Pilgerreise auf Erden vollendet sein wird.‘“19

Das Kreuz ist die Regel des Glaubens und lehrt, dass christlicher Glaube nicht einfach bedeutet, etwas zu wissen, sondern sich jemandem anzuvertrauen, indem man gelobt, ihm nicht etwas, sondern sich selbst zugeben. Geformt durch das Kreuz, gelobt Artemide, noch bevor er den Weg des Ordenslebens einschlägt, nicht etwas, sondern er gelobt sich selbst, legt nicht ein Gelübde ab, sondern ist selbst Gelübde und spiegelt so die Züge des Sohnes wider, der „in die Welt gekommen ist, […] sagt: Du willst weder Opfer noch Gabe, sondern einen Leib, den du mir bereitet hast. Du willst weder Brandopfer noch Sündopfer. Also sagte ich: ‚Siehe, ich komme, im Buch ist von mir geschrieben, Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern.‘“ (Hebr 10,5-7).

Und noch in der Schule des Herrn Jesus lernt Zatti, dass die Radikalität des Selbstversprechens mit der wachsenden Kühnheit des Glaubens einhergeht. Wer sich Gott ganz hingibt, kann sich der Gewissheit hingeben, alles von Ihm zu erhalten, und Artemide wird nicht müde, uns in seinen Briefen daran zu erinnern: „Habt keine Angst oder Scham, um Gnade zu bitten. Bittet und ihr werdet empfangen; und je mehr ihr bittet, desto mehr werdet ihr empfangen; denn wer viel bittet, empfängt viel, wer wenig bittet, empfängt wenig, und wer nicht bittet, empfängt nichts. […] Ich werde nicht dastehen und die Gnaden aufzählen, um die ihr bitten müsst; ihr wisst das. Ich führe euch nur eines vor Augen: dass wir alle Gott in dieser Welt lieben und ihm dienen und uns dann in der anderen an ihm erfreuen sollen.“20

1.3 Das Evangelium der Hingabe: „Ich wurde geheilt“

Ich wurde geheilt“ ist das Verb, mit dem Zatti das Ereignis besiegelt, das ihn in das salesianische Leben einführte.

Was bedeutet „geheilt“? Die Tuberkulose, die seine Gesundheit beeinträchtigt hatte, wurde von Zatti überwunden, und zwar auf eine Weise, die die Ärzte überraschte: „Im Prozess von Viedma fragte das Gericht, ob die Heilung ein Wunder sei. Soweit wir wissen, geschah dies nicht augenblicklich, aber laut den Ärzten […], die Zatti bis zu seinem Tod gut kannten, erschien es außergewöhnlich in Anbetracht des Mangels und Unwirksamkeit der damaligen Behandlungen, der Fortsetzung der Heilung und der mehr als normalen körperlichen Robustheit, die der Diener Gottes trotz seines entbehrungsreichen Lebens immer besaß. Das Eingreifen der Muttergottes scheint unbestreitbar, ob es nun ein Wunder oder eine außerordentliche Gnade war.“21

Der Finger Gottes handelte jedoch nach seinem unverwechselbaren Stil: Er löschte das Übel nicht aus, indem er Artemides Leben in den Zustand vor der Krankheit zurückversetzte, und er entschlüsselte auch nicht das Geheimnis, das für jeden göttlichen Plan und jede menschliche Existenz typisch ist. Wie wir wissen, „nahmen die Oberen zwar die Verbesserungen im Gesundheitszustand des Dieners Gottes zur Kenntnis, waren aber nicht völlig von seinen zukünftigen Möglichkeiten überzeugt. Die Tuberkulose gab damals nie die Gewissheit der Genesung und der endgültigen Heilung; der Studienplan, den der Diener Gottes in seinem Alter (23-24 Jahre) hätte absolvieren müssen, war noch lang und sicherlich nicht für einen Tuberkulosekranken geeignet; er hingegen hatte bereits begonnen, in der Apotheke in einem für einen Laien geeigneten Beruf zu arbeiten, und alles deutet darauf hin, dass dies mit Erfolg und beiderseitiger Zufriedenheit geschah; vielleicht übte Pater Garrone einen gewissen Druck auf ihn aus, um ihn bei seiner Arbeit zu halten. In Anbetracht all dieser Umstände mussten die Oberen dem Diener Gottes – der nach allem, was aus seinen Schriften hervorgeht, sicherlich beschlossen hatte, die Welt zu verlassen und sich Gott zu weihen – vorschlagen, Ordensmann der Salesianer zu werden, allerdings als Koadjutor (Laienbruder): diese Lösung schien angesichts seiner noch unsicheren Gesundheit die klügste zu sein: die materielle Arbeit erforderte weniger Anstrengung als eine lange Zeit harten Studiums.“22

Das Geheimnis Gottes vertieft sich mit der Heilung, und Artemides Glaube wird eine Läuterung abverlangt, die vielleicht noch schwerer ist als die, die ihm durch die Beeinträchtigung der Gesundheit auferlegt wird: das Opfer der beruflichen Orientierung. So wird Artemide dazu gebracht, den Weg der Leerwerdens, den Gott von ihm verlangt, zu vertiefen: Die Befreiung von der Krankheit ist keine Wiedererlangung der Kräfte, die es einem unternehmungslustigen jungen Mann erlaubt, „sein Leben wieder in die Hand zu nehmen“. Die Heilung ist auf ihre Weise die Wüste einer neuen Armut, so dass Zattis Leben ein Freiraum für Gott sein kann, in der Radikalität einer neuen Hingabe.

Gott heilte Artemide von der Tuberkulose, um in ihm das Wunder der Erlösung von der Bindung an sich selbst, der Loslösung sogar von den eigenen Plänen für das Gute, zu erneuern: „Es ist anzunehmen, dass der Verzicht auf das Streben nach dem Priestertum für den Diener Gottes ein großes geistiges Leiden war, so groß war der Schwung und der Opfergeist, mit dem er den Weg zu diesem Ziel eingeschlagen hatte. Es ist jedoch erstaunlich und zeugt von außerordentlicher geistiger Stärke, dass nie ein Wort der Klage oder gar des Bedauerns oder der Nostalgie […] über diese Umkehrung der Lebensperspektive zu hören ist.“23

„Geheilt werden“ ist also die Stimme der Kohärenz in Zattis Berufung. Wenn Gott ruft und Gottes Geschöpf antwortet, beschränkt sich der Geist nicht darauf, die menschliche Begrenztheit zu überwinden, sondern erfüllt Gottes Traum: „Siehe, ich mache alles neu“ (Offb 21,5). Wenn also die Krankheit das menschliche Herz dazu bringt, sich in sich selbst zurückzuziehen, so bewirken der Glaube und das Gelübde Zattis, die von der Liebe zum Herrn Jesus und zum Kreuz genährt werden, wahre Gesundung: eine größere Selbstvergessenheit und eine bedingungslose Hingabe an Gott, die ihn dazu bringt, der demütige Apostel der Ärmsten und der Kranken zu sein und unter ihnen zum Apostel der schwierigsten Fälle zu werden, kurz gesagt, der Verlassenen und Ausgestoßenen dieser Welt.

Der in größerer Armut wiedergeborene Artemide gibt sich in vollem Vertrauen dem Plan des Vaters hin: „Ex auditu kann ich sagen, dass es [im Leben des Dieners Gottes] einen allgemeinen Willen gab, Gott zu preisen. Soweit ich ihn kannte, kann ich versichern, dass er zur Ehre Gottes lebte.“24

Die Unterordnung aller Dinge unter die Herrlichkeit Gottes und das Opfer der eigenen Ansichten – einschließlich der eigenen Pläne für das Gute -, um der Weisheit Gottes zu folgen, die allein die Fülle der Liebe verwirklicht, wird nicht nur für die geistliche Erfahrung dieses außergewöhnlichen Salesianers wesentlich sein, sondern auch für die Pädagogik des Leidens, die er aufgrund der Besonderheit seiner Mission praktizieren muss.

In Zattis „geheilt werden“ vollzieht sich nicht nur eine Gnade, sondern auch eine Schule, und beides wird durch den Finger Gottes zum Wohle der Brüder geformt: Frei von Krankheit wird Artemide den Kranken ein Leben lang dienen, nachdem er die wahre Heilung durchlaufen hat, die ihn zum wahren Arzt der Geschöpfe machte, über die er sich beugte.

„Er machte oft das Zeichen des Heiligen Kreuzes und ließ es die Kranken machen, er liebte es, es den Kindern beizubringen. In ihm gingen Glaube und Medizin eine Symbiose ein; ohne Glauben heilte er nicht, aber auch ohne Medizin heilte er nicht. Er sah auch keine Dichotomie zwischen Seele und Körper; der Mensch war eins, und er heilte diesen Menschen: Körper und Seele.“25

Nur weil er von der Hand Gottes dazu geführt wird, Heilung als Sterben an sich selbst zu erfahren, kann Zatti den Kranken mit der Medizin der fleischgewordenen und gekreuzigten Liebe nahe sein und Trost, Licht und Hoffnung spenden.

2. EIN ZEUGE DES OSTERFESTES

Wenn in Zattis Leben – aufgrund der Art und Weise, wie er vom Ruf Gottes erreicht wurde – das Evangelium der Berufung in einer originellen und sehr aktuellen Form aufleuchtet, erfüllt sich seine apostolische Saat als Kunst der Fürsorge im Licht von Ostern.

Die österliche Kohärenz ist die Regel der Treue für jedes christliche Apostolat: Bei den Heiligen erreicht die Ausübung dieser Regel einen Höhepunkt, indem sie das Leben Gottes in die Arbeit der Menschen, der Geschichte und der Welt einbringt und so die Kirche aufbaut.

Zatti praktizierte die Mühe des menschlichen Leidens mit österlicher Leidenschaft und baute so die Kirche als wahres Feldlazarett auf (wie Papst Franziskus auch heute noch wiederholt), indem er zwei Krankenhäuser, die „am Ende der Welt“ entstanden, in lebendige Zellen der Kirche verwandelte.

Die Krankenhäuser von San José und Sant‘Isidro waren zwischen dem Ende des 19. und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine wertvolle und einzigartige Gesundheitseinrichtung, insbesondere für die Armen von Viedma und der Region Rio Negro: Zattis Heldentum machte sie zu Orten der Ausstrahlung der Liebe Gottes, an denen die medizinische Versorgung zu einer Erfahrung des Heils wurde.

Zatti opferte sein Leben dem Gleichnis des barmherzigen Samariters. Der Samariter ist Christus, der nahe Gott (in seinem geliebten Sohn), der keine Gleichgültigkeit oder Verachtung kennt, sondern sich selbst im Voraus anbietet, um auch die letzten seiner Söhne und Töchter durch die Nähe der Liebe zu heilen, damit das Böse der Geschichte keinen von ihnen dazu verurteilt, außerhalb Jerusalems umzukommen.

Das ist das Wunder Gottes: Auf diesem Fleckchen Erde in Patagonien, wo das Leben Zattis verläuft, wurde eine Seite des Evangeliums lebendig. Der barmherzige Samariter hat ein Gesicht, Hände und Leidenschaft gefunden, vor allem für die Kleinen, die Armen, die Sünder, die Letzten. So wurde das Krankenhaus zur Herberge des Vaters, es wurde zum Zeichen einer Kirche, die reich an Gaben der Menschlichkeit und der Gnade sein wollte, eine Stätte des Gebots der Gottes- und Bruderliebe, ein Ort der Gesundheit als Unterpfand des Heils.

Es gibt zahlreiche Zeugen, die es uns erlauben, die Erfahrung der Kirche zu betrachten, die in diesem Feldlazarett, das durch das entflammte Herz Zattis lebendig wurde, zugänglich war: Indem man ihnen das Wort gibt, taucht die Faszination Artemides, der sich um die Heilung derjenigen kümmerte, die sich ihm anvertrauten, wieder auf, sowohl in Form der medizinischen Kunst als auch der Präsenz, des Mitgefühls, des Gebets für alle und mit allen und des täglichen Ausdrucks des Glaubens dieses bescheidenen Salesianers. All dies hat sich sicherlich als wirksamer erwiesen als viele Medikamente.

2.1. Österliche Pflege und Dienst (Diakonie) des verwundeten Lebens

Wo Heiligkeit ist, breitet sich die Kirche aus, und wo die Kirche gebaut wird, ist Heiligkeit. Die Menschen, die Zatti begegneten, die in seinem Krankenhaus aufgenommen wurden, erlebten Brüderlichkeit und in dieser Brüderlichkeit erlebten sie die Kirche.

Zatti lebte mit evangelischer Radikalität die Gewissheit, dass der Dienst, der sein Berufungsmerkmal war – die Diakonie – das Gesicht der Kirche glaubwürdig, erkennbar, liebenswert macht. Die Tür des Dienens zieht das menschliche Herz an, besonders wenn es durch das Leben und das Leiden geprüft wird, und öffnet sich für die Erfahrung einer Begegnung mit Jesus, dem wahren barmherzigen Samariter, und Zatti tat sein Bestes, um als barmherziger Samariter zu leben. „Das Krankenhaus und die Häuser der Armen, die er Tag und Nacht mit dem Fahrrad aufsuchte und die heute als historisches Element der Stadt Viedma gelten, waren die Grenze seiner Mission. Er lebte die völlige Hingabe seiner selbst an Gott und die Weihe all seiner Kräfte zum Wohle seines Nächsten.“26

Zatti ist ein Zeuge des Dienstes, und so wie Jesus sich bis zum Ende hingegeben hat, hat Zatti in den Fußstapfen seines Herrn eine voll und ganz christliche Spende und Diakonie bis zum Heldentum verwirklicht. Es lohnt sich, in den einhelligen Worten der Zeugen die außergewöhnlichen Merkmale der evangelischen Diakonie Zattis hervorzuheben: die Universalität seiner Hingabe, die Totalität seiner Selbsthingabe, die Großzügigkeit, die mit Gott an seiner Seite, im Gehorsam ihm gegenüber, in ihm und für ihn vollbracht wurde.

Dass Zattis Dienst keinen Partikularismus kannte und keine Personen bevorzugte, ist für alle, die ihn kannten, klar erkennbar: „Ich weiß, dass er das Gefängnis besuchte, um die Kranken zu pflegen. Den Ungläubigen und Feinden der Kirche gegenüber war er hilfsbereit und liebenswürdig. Ich erinnere mich an den Satz eines Arztes, der den Titel des Buches von Pater Entraigas „Der Verwandte aller Armen“ mit den Worten kommentierte, dass er in „Verwandter aller“ korrigiert werden sollte, weil er [Zatti] keine Unterschiede machte zwischen denen, die ihn aufsuchten.“27

Wenn es in Zattis Dienst und Selbsthingabe eine Vorliebe für irgendjemanden gab, dann war es die Vorliebe, die der Gute Hirte lehrte, dem vor allem das Schicksal der am meisten verwundeten und verlorenen Schafe am Herzen liegt: „Es war eine der Vorlieben [Zattis], dass er sich ganz Gott hingab in diesen bescheidenen, wehrlosen Menschen oder jenen mit Gebrechen, die so abstoßend waren, dass er, als jemand sie in ein Hospiz schicken wollte, weil sie schon viele Jahre im Krankenhaus von San José waren, antwortete, dass man diese wahren Blitzableiter des Krankenhauses nicht aufgeben dürfe.“28

Zatti gab sich mit seiner ganzen Person dem Dienst hin und verzehrte sich in einer Großzügigkeit ohne Hintergedanken in den unterschiedlichsten Formen einer fieberhaften Aktivität, die nur darauf ausgerichtet war, auf die Bitten aller einzugehen: „Da seine Güte und sein guter Wille im Dienst an den anderen allgemein bekannt war, wandten sich alle mit den unterschiedlichsten Anliegen an ihn. […] Die Direktoren der Provinzhäuser baten ihn schriftlich um ärztlichen Rat, schickten Brüder zu ihm, die ihn um Hilfe baten, vertrauten ihm Dienstpflichtige an, die arbeitsunfähig geworden waren, und übergaben sie seiner Krankenchronik. Die Töchter von Maria, der Helferin der Christen, standen den Salesianern in ihren Bitten um Gnade in nichts nach. Italienische Emigranten baten um Hilfe, sie ließen nach Italien schreiben, sie baten um Akten, diejenigen, die im Krankenhaus gut versorgt worden waren, schickten aus Dankbarkeit Verwandte und Freunde, die dort versorgt werden sollten, weil sie die Pflege schätzten. Die Zivilbehörden hatten oft arbeitsunfähige Personen zu versorgen und griffen auf Zatti zurück. Gefangene und andere Personen, die sahen, dass er gute Beziehungen zu den Behörden unterhielt, empfahlen ihm, für sie um Gnade zu bitten oder ihre Probleme zu lösen.“29

Zattis Dienst war unermüdlich und selbstlos und wurde gerade deshalb nicht durch Beeinflussung, Undankbarkeit, verpasste Korrespondenz oder nörgelnde Forderungen gebremst: „Bei dem Diener Gottes war die Sorge um den Nächsten in seiner täglichen Arbeit außergewöhnlich; von morgens bis abends lebte er für seine geliebten Kranken. Diese Umstände vervielfachten sich in der Nacht, wenn er zu jeder Stunde, zu der sie ihn riefen, herbeieilte. […] Ich weiß, dass er oft unter den überzogenen Ansprüchen mancher Kranker zu leiden hatte, unter unangemessenen Bedürfnissen, Launen, wie im Fall […] von Patienten mit Geisteskrankheiten. Der Diener Gottes verlor nie seine Geduld. Ich erinnere mich, dass er mehr als einmal bei schlechtem Wetter, Kälte und Regen mit seinem Fahrzeug, einem Fahrrad, das nicht das neueste Modell war, auf unwegsamen Straßen unterwegs war, um die Kranken unter der Bevölkerung zu versorgen.“30

Was also Zattis Diakonie, seinen Dienst an allen, zutiefst kennzeichnete, war sein Wirken in der Gesellschaft des Herrn. Niemandem entging die Kompetenz dieses großzügigen Krankenpflegers, aber ebenso offensichtlich war seine Mission mit Jesus: „Eine ganz konkrete persönliche Begebenheit: Als ich Novize und dann Neupriester war, kam ich nach Viedma wegen einiger Pusteln, die vor allem am Hals und im Gesicht auftraten. Der Diener Gottes empfing mich immer mit einem Lächeln, heilte mich, indem er mich mit einem Glüheisen kauterisierte, während er das Magnificat summte und mich dann ermutigte, diese Leiden der heiligen Beharrlichkeit in der Berufung darzubringen.“31

Auch hier leuchtete der Gehorsam gegenüber Gott und seinem Plan in Zatti als die Seele eines demütigen und vertrauensvollen Dienstes, der in den Armen und Kranken das Gefühl der Hingabe an Gott wecken sollte. Alles fand seine Inspiration in Gott, und alles, was Zatti tat, geschah auf Gottes Geheiß, so dass der Dienst dieses großen Salesianers eine ständige und faszinierende Praxis des Gebots der Liebe war: Er „liebte Gott über alles“. Für ihn waren alle irdischen Dinge vergänglich und zweitrangig. Für mich war Zatti beständig, unerschütterlich in seiner Liebe zu Gott und in seiner Frömmigkeit. Nicht nur bei frommen Handlungen, sondern auch bei jedem Dienst am Nächsten trug er den Namen Gottes stets auf den Lippen. Er forderte alle, die ihm nahestanden, auf, Frömmigkeit zu leben. Zatti war ständig ein Vorbild, seine Frömmigkeit ging über das Gewöhnliche hinaus.“32

Zattis Diakonie ist jedoch, wie immer bei Heiligen, ein Dienst, der zweifellos im Gehorsam gegenüber Gott, aber vor allem im Namen Gottes verrichtet wird, indem er Gott sein Gesicht, sein Herz, seine Hände leiht, in der Gewissheit – eine Quelle großer Kühnheit -, ein kleines Werkzeug Gottes großer Macht und Vorsehung zu sein. Zatti arbeitet also mit außerordentlicher Großzügigkeit, aber mit völliger Hingabe, weil er weiß, dass es sein Herr ist, der in ihm handelt: „Er hat immer auf Gott gehofft und vertraut. Die Gelassenheit, mit der er die Schwierigkeiten überwand, war ein Beweis für seine Hoffnung auf Gott. Er sagte immer: ‚Gott wird für uns sorgen‘, aber er sagte es mit voller Zuversicht und Hoffnung.“33

Zatti, ein wahrhaft gläubiger Mensch, war „von der Nächstenliebe bewegt, weil er in jedem Kranken den leidenden Christus sah. Er war so gütig zu den Kranken, dass er ihnen nichts verweigerte;“34 „Für den Diener Gottes zeigte sich die Liebe in der Nächstenliebe, mit der er „anderen Christen“ beistand. In seiner evangelischen Auffassung, dass alles, was seine Jünger ihrem Nächsten antun, sie Christus selbst antun, übte der Diener Gottes gewohnheitsmäßig Nächstenliebe gegenüber allen aus, auch wenn sie ungläubig oder gleichgültig waren.“35

Sowohl indem er nach außen hin eine Kirche des Dienstes lebte, die fähig war, sich den Armen zuzuwenden, als auch indem er denjenigen diente, die an sein Krankenhaus klopften – zuerst in San José und dann in Sant’Isidro -, damit sie dort der Liebe Gottes begegneten, gab Zatti sich vollkommen Gott hin und wurde ein Diener des Herrn, ein echter Missionar der Kirche im Namen des Herrn Jesus.

2.2 Österliche Brüderlichkeit und Gemeinschaft (koinonia) im gemeinsamen Leben

Zattis Heiligkeit führt uns ins Herz der Kirche, nicht nur wegen der Einzigartigkeit seiner Diakonie, sondern auch wegen der Qualität der Gemeinschaft, die durch seine Hingabe an die anderen entstanden ist. Was die Gemeinschaft für Zatti bedeutete, geht aus den Zeugnissen derer hervor, die sein Wirken miterlebt haben, ebenso wie aus der Art und Weise, wie er die anstrengendsten Momente seines Lebens durchlebte.

Ein besonders schmerzliches Ereignis für ihn war die Entscheidung seiner Oberen, das Krankenhaus von San José, dem Artemide seine ganze Energie gewidmet hatte, abzureißen. In Viedma fehlte es an Räumlichkeiten für das Bischofsamt, und um eine geeignete Bischofsresidenz zu bauen, wurde beschlossen, das alte Krankenhaus abzureißen und alle Gesundheitsdienste in die Räumlichkeiten der Landwirtschaftsschule von Sant’Isidro zu verlegen, dem Sitz eines anderen salesianischen Werks in Viedma.

Für Zatti war der Abriss keine einfache Baumaßnahme, sondern eine harte und opferreiche Prüfung: Vor seinen Augen lagen nicht nur die Trümmer eines alten Krankenhauses, sondern auch der Zweifel, dass mit diesen Mauern sein Leben zusammengebrochen war und darunter auch seine Verzichte und Entbehrungen, Missverständnisse und Nachtwachen, Kopfschmerzen und Schweißausbrüche, sein Einsatz für andere und seine Selbstaufopferung begraben waren. Zatti blieb dieser Kelch nicht erspart, aber er blieb standhaft, mit christlicher Tapferkeit und Sanftmut: „Zum Zeitpunkt des Abrisses des Hospitals San José hatte er zunächst vorgeschlagen, den Bischofspalast an anderer Stelle zu errichten und das Land auszutauschen; doch angesichts der Unabwendbarkeit des Abrisses, den […] er angesichts seiner extremen menschlichen Sensibilität als ungeheuerlich empfand, rebellierte und protestierte er nicht, sondern beruhigte diejenigen, die versuchten, ihn zum Aufstand zu bewegen.“36

Wie immer im Leben der Heiligen ist die Prüfung sowohl ein dunkler Schmelztiegel als auch eine leuchtende Demonstration: Zatti hat mit seiner Gelassenheit und seinem Eifer bei der Errichtung des neuen Hauptsitzes des Gesundheitsdienstes das Fundament seiner Hingabe bewiesen: Das echte Krankenhaus, das er gebaut hat, konnte nicht in Schutt und Asche gelegt werden, weil es eine Erfindung der Nächstenliebe war, jener Nächstenliebe, die „niemals endet“ (1 Kor 13,8) und die das Wunder der Gemeinschaft zum Ausdruck bringt, ein Spiegelbild des ewigen Lebens Gottes. Zattis wahres Krankenhaus war kein irdisches Gebäude, das San José oder Sant’Isidro gewidmet war; in diesen Räumen nahm seine Professionalität jeden durch die Tür des Dienstes auf, damit er eine wahre und vollständige Erfahrung der Zärtlichkeit Gottes machen konnte.

Zatti hat den Katechismus der Gemeinschaft nicht gepredigt, aber er hat ihn durch seine Heiligkeit verkörpert; und sein Krankenhaus war kein imposantes Gebäude, sondern ein offensichtliches, tägliches Wunder des Dienstes und der Gemeinschaft. Hier „leitete der Diener Gottes das Personal, das sich aus verschiedenen Bewohnern des Krankenhauses zusammensetzte, wie ein Oberer einer religiösen Gemeinschaft […] Das Personal liebte ihn, verehrte ihn und befolgte seine Regeln genau. Jedem von ihnen fehlte es nie an dem, was für die Erfüllung seiner Pflichten notwendig war: moralisch, geistlich und technisch, und dies aus persönlicher Sorge des Dieners Gottes.“37

Dass Zatti aufgrund seiner geistigen Größe zum Schöpfer der Gemeinschaft wurde, davon sind alle überzeugt: „Während meiner Schulzeit im Institut des hl. Franz von Sales war das Krankenhaus ein Nebengebäude des Instituts, und alles, was hier und dort geschah, war bekannt. Ich habe nie von irgendwelchen Streitigkeiten oder Missverständnissen zwischen Zattis Mitarbeitern gehört, die von Bedeutung sein und Anlass zu Klatsch und Tratsch im Dorf oder in der Schule hätten geben können.“38

Die christliche Gemeinschaft, wenn sie verwirklicht wird, bleibt wegen ihrer Schönheit, die die von Groll und Spaltung gezeichnete Welt erschüttert, nicht unbemerkt; aber nur die Heiligen kennen den Preis der Gemeinschaft, ihre Fremdheit gegenüber der Spontaneität, der Unmittelbarkeit der Sympathie, der Leichtigkeit ohne Opfer. Die Heiligen wissen, wie viel die Gemeinschaft kostet, weil sie wissen, was ihre Quelle ist: die geöffnete Seite Jesu, die das Werk der Versöhnung unter den Menschen und mit den Menschen vollbringt.

Zatti weiß, dass nur das Blut des Herrn Gemeinschaft stiftet, und er wählt den Weg der treuen und täglichen Teilnahme am Opfer des Sohnes, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, Stärke in der Seele, Frieden im Herzen, die Hände durchbohrt von Arbeit und Mühsal. Zatti war ein Mann, der Ruhe ausstrahlte, [ein Mann] der Tat, dynamisch, nicht nervös, fröhlich. Es kam häufig vor, dass er Witze machte […], um eine kranke Person aufzuheitern […]. Er war ein Mann, der in seinen religiösen Praktiken nicht schwankte, […] ein Zeichen für sein Bemühen, sich zu verbessern. Was mir persönlich am meisten an ihm aufgefallen ist, war seine Nächstenliebe und Bescheidenheit.“39

Zattis Demut baut die Kirche auf und macht die Gemeinschaft, deren Schöpfer er selbst ist, christlich; wer nicht jeden Tag an sich selbst stirbt, trägt die Schwere der Selbstsucht mit sich, die die Gemeinschaft verwundet; nur Demut heilt die Beziehungen und überwindet die Verlockungen der Macht, der Kontrolle, der Verführung, der Täuschung. Zatti weiß, dass nur Demut die wahre Koinonia hervorbringen kann, die Frucht und Bedingung einer wirksamen und diskreten Diakonie, die keine Abhängigkeit schafft, sondern die Würde wiederherstellt; nur Demut wirkt generativ, indem sie eine Gemeinschaft fördert, die die Bindung heilt und Autonomie fördert. Demut ist die Tugend Gottes, denn sie ist das Geheimnis eines jeden Vaters, die Hoffnung eines jeden Sohnes, der Geist eines jeden wahren Lebens.

Zatti konnte Diener und Schöpfer der Gemeinschaft sein, weil er in seiner Bescheidenheit ein einfacher Sohn Gottes war, lebendig im Leben des Geistes und Vater aller: „Ich glaube, dass es in Zattis Beziehung zu seinen Mitarbeitern nie Probleme gab, weil er wie der Vater aller war. Ich erinnere mich, dass ihn alle sehr vermisst haben, als er zur Heiligsprechung von Don Bosco nach Rom ging;“40 „Zattis Beziehung zum Krankenhaus war wie die eines Vaters. Ich weiß von keinen Missverständnissen oder Schwierigkeiten: Wenn es welche gab, dann glaube ich, dass sie nicht von ihm ausgingen. Von den Krankenschwestern, mit denen ich zu tun hatte […], hörte ich nur Lob und keine Beschwerden.“41

2.3 Osternähe und Martyrium des Lebens ohne Ende

Unser Mitbruder Artemide Zatti hat durch sein Leben (Martyrium) wahrhaftig bezeugt, dass der Herr auferstanden ist. „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12), sagt der Herr von sich selbst. Das Evangelium ist Licht, das in das Leben der Menschen eindringen will, und Licht für die Welt ist die Kirche, das lebendige Sakrament Gottes. Die Heiligkeit Zattis, die sich aus dem Osterfest Jesu speist, ist auch Licht, und dies erfahren vor allem die Armen und Kranken von Viedma. Zatti nimmt sie durch die Tür des Gottesdienstes auf, hält sie in den Mauern der Gemeinschaft, aber um ihnen mit seinem Lebenszeugnis das Licht des Evangeliums, den österlichen Glanz, der die Kirche erleuchtet, anzubieten.

Gläubige und Ungläubige sind von den Worten und Gesten Zattis wie vom Donner gerührt; sein Zeugnis ist schattenlos, außerordentlich salesianisch, erreicht alle und verkündet mit zwei Namen zwei entscheidende Eigenschaften des Gottes Jesu: Vorsehung und Paradies.

Es gibt keine Kirche, in der nicht ausdrücklich der Name Gottes verkündet wird, eine Verkündigung, die mit dem Martyrium des Lebens, im Zeichen des Blutes oder der Nächstenliebe bezahlt wird; wo Zattis Gottesdienst und die Kommunion stattfinden, erklingt die Verkündigung des Namens Gottes, dieser beiden so christlichen und so salesianischen Namen: Vorsehung und Paradies.

Zatti verkündet mit seinem Leben, dass alles in Gott Liebe ist, aber konkrete, aufmerksame, grenzenlose, minutiöse Liebe zu jedem Geschöpf: Gottes Liebe ist Vorsehung. Gottes Vorsehung ist jedoch nicht zeitlos, sondern ewig, und hier ist der zweite Name: Paradies; Paradies ist der richtige Name für Gottes Wunsch in der Geschichte, für seine Geschöpfe zu sorgen, um sie für immer, für die Ewigkeit, bei sich zu haben.

Zatti ist ein Meister dieses christlichen Alphabets: „Es war sein ständiger Wunsch, dass man den Herrn kennt und liebt. Er bezeugte dies durch die Freude, die er zum Ausdruck brachte, als ein neuer Patient, der nichts von Gott wusste, ein gläubiger Christ wurde. Sein erstes Anliegen war es, fürsorglich zu sein und Vertrauen in die göttliche Vorsehung zu wecken.“42

Der Sinn für die Vorsehung war keine obligatorische Antwort auf prekäre Bedingungen, eine Art letzter Zuflucht, die den Schiffbrüchigen angeboten wurde, um in schwierigen Zeiten nicht unterzugehen. Zeuge der Vorsehung zu sein, bedeutete für Zatti, die Menschen zu lehren, mit Gott zu sprechen, ihn mit christlichem Vertrauen beim Namen zu nennen, denn „er war sehr überzeugt von den Grundsätzen des Evangeliums, und einer davon war fest in seinem Herzen und in seinem Geist verankert: ‚Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere dazugegeben werden‘ (Mt 6,33). In der Schule von Don Bosco hatte er gelernt – nachdem er viel über sein Leben gelesen hatte -, niemals der Hilfe Gottes zu misstrauen, vor allem dann nicht, wenn sie nach seinem Willen in allen unseren Nächsten gewürdigt wird.“43

Aber eine Vorsehung ohne Paradies würde es der Verkündigung des Namens Gottes nicht erlauben, den Auswirkungen der Geschichte mit ihrer Last von Mühsal, Leiden und Tod standzuhalten. Zatti belebte innerhalb und außerhalb des Krankenhauses eine Kirche, die immer von Schmerz und Tod heimgesucht wurde, und dies verlangte die Fülle des Glaubens und des Zeugnisses, verlangte, den Namen des einzigen Wunsches Gottes für den Menschen zu verkünden: das Paradies. Als er vom Paradies Zeugnis ablegte, zeigte Zatti die Gewissheit „des ewigen Lebens und seines Erwerbs durch Gnade und gute Werke; dies bekundete er besonders im Angesicht des Todes […]. Ich habe ihn persönlich gehört, wie er sich darüber freute, den Kranken religiösen Beistand leisten zu können und ausrief […] ‚Heute haben wir zwei oder drei von ihnen in den Himmel geschickt.‘“44

Mit diesen beiden Namen Gottes evangelisierte Zatti Leben und Tod, Freude und Schmerz, Gesundheit und Krankheit als wahrer christlicher Zeuge, als Märtyrer, im täglichen Martyrium der Nächstenliebe. Die Verkündigung und das Martyrium Zattis verbreiten kein Evangelium der Umstände oder der Gelegenheiten, sondern sie verbreiten Salz, Licht, Hefe, verleihen Gesicht, Herz und Hände einem Evangelium, das nach Leben fragt und alles durchdringt, das Rätsel auflöst und Ängste mit der Wärme der Wahrheit besiegt: „Seit ich ihn kenne, hat er den religiösen Praktiken immer mehr Bedeutung beigemessen als seiner Arbeit, auch wenn er dies mit Ausdauer tat. Er zitierte oft die Heilige Schrift, vor allem die Evangelien, um die Kranken zu trösten oder die Tugend zu fördern […]. Es fiel ihm sehr schwer, keinen spirituellen Gedanken in seine Unterhaltungen einzubringen. Einmal erwähnte ich im Gespräch mit ihm die Entdeckung einiger neuer Medikamente wie Penicillin und Sulfonamide; der Diener Gottes hörte mir zu, und als ich zu Ende gesprochen hatte, sagte er: ‚Wohl wahr, wohl wahr, aber die Menschen werden trotzdem weiter sterben.‘“45

Und die Wahrheit des Evangeliums in ihrer Gesamtheit erleuchtet das Krankenhaus von Zatti, so wie sie das Oratorium zur Zeit Don Boscos erleuchtet hatte: Deshalb fürchtet man im Krankenhaus von Viedma, wie in den Mauern von Valdocco, weder den Tod noch sucht man nach Mitteln und Wegen, um seinen Skandal zu mildern oder seine Offensichtlichkeit zu verbergen – für das menschliche Herz gefährliche Täuschungen. Zatti begegnete dem Tod mit dem Zeugnis des Evangeliums des Lebens: ein Leben mit den Füßen auf dem Boden, und deshalb fleißig und konkret, aber mit dem Herzen im Himmel, und deshalb zuversichtlich und gelassen: „Das einzige Motiv seines Lebens war eben die Erwartung einer himmlischen Belohnung, er handelte nie, um Geld oder Ansehen zu verdienen, er tat alles in der Hoffnung auf zukünftige Glückseligkeit.“46

Seine Verpflichtung bestand darin, das Evangelium zu leben, wenn auch in aller Einfachheit, mit einem Herzen, das in dem höchsten Ziel verwurzelt ist: den Gott der Vorsehung und des Paradieses in jede menschliche Wunde und in den Tod zu bringen, damit dort Leben und Auferstehung gedeihen können. Dadurch wurde Zattis Zeugnis gesegnet, und er rief seine Gegenwart an, wenn die kostbare und seltene Medizin der Hoffnung und des Trostes unerlässlich war. Die ganze Stadt Viedma kannte ihn, wie Zeugen mit erstaunlicher Einmütigkeit bestätigt haben: Man rief immer nach Zatti, und er eilte herbei, um zu ermutigen und zu trösten, indem er diese christliche Medizin verabreichte, die er für sein Leben in der Gnade Gottes aus dem Geist selbst, dem Tröster, bezog. So wurde „die Fähigkeit des Dieners Gottes, den Kranken Hoffnung einzuflößen, außergewöhnlich, eine Tatsache, die auf fast wundersame Weise zur Heilung beitrug, indem sie die Seele des leidenden Menschen aufrichtete.“47 Zatti bezeugte bis zum Martyrium der Nächstenliebe, dass der Herr Gott des Himmels und der Erde ist. Zatti bezeugte dies mit der Leidenschaft der Heiligen, die kein Maß kennt: „Ich erinnere mich, dass ein Patient zu Zatti sagte, dass er ihn immer auf den Himmel vorbereite und dass er ihn ein wenig auf die Erde vorbereiten müsse. Eine andere Begebenheit beschreibt die Atmosphäre des Krankenhauses: Eine Krankenschwester bestand darauf, einen Patienten, der gar nicht so krank war und eigentlich noch lebte, auf den Tod vorzubereiten.“48

2.4 Die Osterfreude und die Liturgie des erlösten Lebens

Artemide Zatti hat sich mit seiner außergewöhnlichen Treue zu den zentralen Ereignissen des christlichen Lebens vom Brot des Wortes, vom Brot der Vergebung, vom Brot des Himmels genährt, und sein Leben wurde immer tiefer verklärt, zum Nutzen einer Mission, die reich an wachsenden Früchten ist. Auf diese Weise erreichte das Leben der Gnade, das dieser Sohn Don Boscos intensiv gelebt hat, alle, die ihm begegnen, und zwar auf ganz unterschiedliche Weise: die Kranken und die Mitarbeiter, die Mitbrüder und die Autoritäten, die Armen und die Wohltäter. In Zatti berühren sie das Leben des Herrn durch die Kraft des sakramentalen Geheimnisses, das die Menschen in der Gemeinschaft des Gottesvolkes miteinander teilen. Und so feiert die ganze Kirche in den Sakramenten durch die Kraft des Heiligen Geistes das Ostergeheimnis und sichert den Menschen die Nahrung für den Weg und die Heilmittel, die die Wunden des Bösen und des Todes heilen.

für die vom Bösen und vom Tod verwundete Menschheit.

Das ist die Kirche: Sie blüht und wächst dort, wo Gottesdienst und Gemeinschaft den Namen Gottes verkünden, das Wort Jesu bezeugen, sich von seinem Leib nähren und durch seine Vergebung geheilt werden. Zatti tut nicht nur all dies, sondern ist all dies; aufgrund der Übereinstimmung mit der Gnade, die sein Leben heilig macht, erkennt man in ihm nicht nur die Gesten und Worte des Herrn, sondern man erfährt sein eigenes Leben: Zatti ist ein „lebendiger Tabernakel“, und sein strahlendes Zeugnis weckt Fragen, Absichten, Bekehrung, auch bei denen, die weit entfernt sind von einer innigen Teilnahme am Geheimnis des Herrn.

Die Hingabe Zattis, die eine mehr als menschliche Wurzel offenbart, wird zu einem allgemein überzeugenden Beweis für die übernatürliche Kraft der Sakramente; er zeigte in der Tat „eine übernatürliche und außergewöhnliche Nächstenliebe“. […] Er war bereit, jedes Opfer zu bringen, und deshalb schien ihm das Schwierige leicht zu fallen. Ich denke, die schwierigen Umstände seiner karitativen Arbeit waren: der Mangel an Personal, der Ruf nach Hilfe zu allen Zeiten, das Widerstehen gegenüber schlechter Witterung, der Dienst an allen Arten von Menschen. Ich erinnere mich an einen kranken Verwandten, den er an einem Tag mit sehr schlechtem Wetter aufsuchte, und als man ihn fragte: ‚Gehen Sie bei diesem Wetter raus, Herr Zatti?‘, antwortete er: ‚Ich habe kein anderes!‘“49

Es ist eine Regel der christlichen Liturgie, dass sie sich im Leben des Gläubigen durch Ordnung, Harmonie, Wirksamkeit und übernatürliche Dynamik bewähren kann. Zatti ist ein Christ, ein geweihter salesianischer Laie Don Boscos, er ist ein lebendiger Stein der Kirche, er ist ein Zeuge von Ostern, denn in seinen Werken wird das Gebot der Liebe sichtbar, das den Menschen dazu bringt, Gott im Nächsten und den Nächsten in Gott zu erkennen; aber Zatti lehrt mit seinem Leben, dass die Kraft, die nötig ist, um dieses Gebot zu praktizieren, übernatürlich ist und nur von Gott, von seinen Sakramenten und aus dem Gebet und der Vereinigung mit ihm kommen kann. „Zatti hat unter schwierigen Umständen und aufgrund fehlender finanzieller Mittel Wohltätigkeit ausgeübt. Auch deshalb, weil seine Tätigkeit über das normale Maß hinausging, weil er so viele Stunden seinen Verpflichtungen nachging, ohne seine religiösen Pflichten zu vernachlässigen. So, wie wir ihn kannten, fragten wir uns, wie er eine so große Anstrengung ohne die normalerweise als notwendig erachteten Ruhepausen durchhalten konnte.“50

Als Beispiel für die Liturgie des Lebens, für die Zatti zuerst ein Jünger und dann ein Apostel des gekreuzigten und auferstandenen Herrn ist, verdienen zwei Episoden in Erinnerung gerufen zu werden: zum Ersten der Abriss des alten Krankenhauses San José, mit der Notwendigkeit, die Kranken nach Sant’Isidro zu verlegen: „Ich habe keine Information, dass Zatti ein Datum für die Räumung erhalten hat, und er hatte sicherlich nichts von seinem Inspektor erhalten, sonst hätte ich es gewusst […]. Der emotionale Zustand, in den Zatti geriet, als die Kranken abtransportiert werden mussten, damit die Trümmer nicht auf sie einstürzten, hätte psychologisch fatal sein können. Er weinte bitterlich, aber nachdem er vor dem Allerheiligsten gebetet hatte, machte er sich mit heiterer Energie an die Arbeit;“51 und zum Zweiten der Dienst an den Sterbenden: „Ein junger Mann lag im Sterben, und Zatti sprach mit ihm, nachdem er die Kommunion empfangen hatte; irgendwann begann der junge Mann zu schreien: „Zatti, ich sterbe!“ und im selben Augenblick erhob er sich vom Bett; Zatti sah ihm in die Augen, lächelte und sagte zu ihm: „Wie schön, geh in den Himmel!“ und der junge Mann ließ sich mit einem Lächeln fallen, das dem von Zatti entsprach und auf seinem Gesicht eingeprägt blieb.“52

Das geschieht, wenn die Eucharistie zum Leben und das Ostergeheimnis zur täglichen Praxis wird: Die menschliche Größe wird durch die Kraft des Geistes verwandelt, und jede Handlung eines Gläubigen wird in Christus, für Christus und mit Christus vollzogen, wodurch das Leben zur Liturgie wird und die heiligen Gaben der Liturgie in das Leben übertragen werden.

Unser lieber Artemide Zatti, der in allen Dingen den Geheimnissen des Herrn verpflichtet ist, weiß, dass alles nur dank Ihm geschehen kann; daher seine Demut: „Ich erinnere mich, dass der Diener Gottes, als mein Bruder Salvador schwer an Typhus erkrankt war, mehrmals am Tag zu ihm ging, um ihn zu behandeln. Als ich ihn einmal auf dem Weg zu Salvadors Haus traf, sagte ich zu ihm: „Herr Zatti, bitte retten Sie meinen Bruder! Er drehte sich um, schaute mir in die Augen und sagte streng: ‚Seien Sie nicht blasphemisch, nur Gott rettet!‘“53

Das Leben von Artemide Zatti war ein Leben der Spende, der Gemeinschaft und des Zeugnisses für den auferstandenen Herrn. Ein Leben voller Gnaden, das ihn zu einem vollkommen christlichen Tod führte: „Auf die Frage, ob seine Schmerzen anhaltend und stark sind oder nicht, sagte er mir, ohne direkt zu antworten: ‚Sie sind ein Mittel der Läuterung und ich bin glücklich, weil ich weiß, dass ich die Passion Christi vollende, etwas, das ich den Kranken so sehr eingeimpft habe.‘“54

Und Zattis Opfergabe war umfassend, diskret, heiter und freudig, wie das Siegel seiner Liturgie. Sie verdient es, in einem Gelübde wieder aufgenommen zu werden, in der Zatti hinter dem Schleier der Sympathie seinen Begleitern den Sinn seines Lebens vermittelt, das Gott ganz ausschöpfen konnte, weil es reif und voll war. Wenige Monate vor seinem Tod erzählte Zatti einer Krankenschwester lächelnd von seiner Krankheit – einem Lebertumor, der sein Gesicht gelb färbte -, und sagte, dass auch er bald farbig sein würde, und zwar mit Make-up! Seine Farbe würde jedoch, wie bei Zitronen, die Farbe der Reife sein, die diese Frucht bereit macht, vollständig ausgepresst zu werden. „Sie tragen Make-up? Das will ich auch! Innerhalb von sechs Monaten werde ich es Ihnen beweisen. Eine Zitrone ist nutzlos, wenn sie nicht gelb ist.“55

3. EINE AUFFORDERUNG ZU AUSSERGEWÖHNLICHEM ENGAGEMENT

So lautete der Titel des letzten Teils des Briefes von Pater Vecchi, auf den ich schon mehrfach Bezug genommen habe und den ich aufbewahren und weitergeben möchte. Auf den vorangegangenen Seiten habe ich versucht, die außergewöhnliche Persönlichkeit unseres Salesianer-Koadjutor-Bruders Artemide Zatti auf einfache, aber prägnante Weise zu skizzieren. Sein Lebensweg, der von Gott durchdrungen und erfüllt ist, ist ein Beispiel für alle. Das gilt auch für seine Heiligkeit. Angesichts dieser großen Persönlichkeit ist sich unsere Kongregation der Notwendigkeit und Bedeutung eines besonderen Engagements zur Förderung dieser wunderbaren Berufung heute stärker bewusst. Ich mache mir die Worte Pater Vecchis zu eigen, jede Provinz, jede Gemeinschaft und jeden Bruder in den kommenden Jahren zu bitten, „sich im Rahmen der Berufungspastoral erneut, außerordentlich und konkret für die Berufung des salesianischen Koadjutors einzusetzen, indem man für diese betet, sie ankündigt und vorschlägt, sie aufruft, aufnimmt und begleitet, sie persönlich und gemeinsam in der Gemeinschaft lebt.“56 An reichhaltigen Veröffentlichungen über die Figur des Salesianer-Koadjutors mangelt es nicht;57 vielleicht müssen wir in dieser Zeit unserem Engagement noch mehr Überzeugung verleihen. Ich habe bei meinen Besuchen in den Provinzen und auch in meinen Briefen oft daran erinnert, dass wir vor allem Männer des Glaubens sein müssen und sich heute mehr denn je dem Herrn überlassen müssen. Viele andere Strategien und Pläne können uns helfen, aber nur das Vertrauen auf den Herrn und die Hinwendung zu ihm werden uns aus einer tiefen Notlage herausführen. Das folgende Zeugnis eines Mitbruders hat meines Erachtens eine besondere Kraft: „Auch heute ertönt das ‚Komm und folge mir nach‘. Und es ist immer wieder erstaunlich festzustellen, dass es auch heute noch junge Männer gibt, denen es an nichts mangelt, um sich dem Priestertum zuzuwenden, die sich aber für den geweihten Laienberuf entscheiden, auch in der Salesianerkongregation. Daher ist es in der Berufungspastoral notwendig, an diese Berufung als Ganzes zu glauben und Wertschätzung hierfür durch Osmose zu vermitteln, ohne sie in Richtung der klerikalen Gestalt zu zwingen und zu verzerren. Man muss davon überzeugt sein, dass es junge Menschen gibt, die sich nicht mit dem Modell des Priesters identifizieren können, während sie sich vom Modell des geweihten Laien angezogen fühlen. Was sind die Gründe für diese Entscheidung? Alle Begründungen sind unzureichend: Im Grunde bleibt das Geheimnis der Gnade und der Freiheit.“58

An dieser Stelle möchte ich Sie auffordern, die demnächst erscheinenden Veröffentlichungen sowohl über den Heiligen Artemide Zatti als auch über die Berufung des salesianischen Koadjutors in unserer Kongregation, in den verschiedenen Regionen und in den Vorschlägen der beiden Bereiche für Jugendpastoral und Ausbildung näher zu betrachten.

Es wird nicht an Anregungen, Überlegungen und vor allem an fürbittenden Gaben des neuen Heiligen mangeln, vor allem für seine salesianischen Mitbrüder und -schwestern in der ganzen Welt, für diejenigen, die bereits hier sind und für diejenigen, die mit der Gnade Gottes kommen werden.

Die Kraft und Schönheit einer Aufforderung

Ich glaube, wir können unsere Diskussion über das Leben von Artemide Zatti nicht beenden, ohne noch einmal einen Brief von Kardinal Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Papst Franziskus, aus dem Jahr 1986 in Erinnerung zu rufen, der an einen Salesianer geschrieben wurde und in dem von einer Gnade die Rede ist, die er auf die Fürbitte Zattis erhalten hat.

Die Geschichte ist bekannt: Als er Provinzial der argentinischen Jesuiten war, betraute Pater Bergoglio Zatti mit der Bitte an den Herrn um heilige Berufungen zum gottgeweihten Laienleben für die Gesellschaft Jesu, und seine Provinz wurde innerhalb eines Jahrzehnts mit dreiundzwanzig neuen Berufungen von Ordensbrüdern gesegnet.

Die Episode ist nicht nur wegen der Protagonisten der Geschichte von Bedeutung – der Messner, ein Salesianer-Koadjutor, der derzeitige Nachfolger Petri -, sondern auch wegen ihres Inhalts: die Berufungsstärke des Zeugnisses von Zatti.

Es ist erstaunlich, dass der erste Salesianer, der nicht wegen seines Blutmartyriums heiliggesprochen wurde, ein Koadjutor war, und zwar ein Koadjutor, der in radikalem Gehorsam gegenüber Gott auf die Form der Berufung verzichtete, von der er fasziniert war, nämlich das Priestertum, um bei Don Bosco zu sein, der damals einen aufopferungsvollen Dienst in der Welt der Krankheit und des Leidens leistete.

Doch die starke Schönheit dieses Zeugnisses kann uns nicht entgehen; in ihm leuchten die grundlegenden Lieben auf, die das Herz des Salesianers entflammen müssen: die Liebe zu Gott und seinem Willen, die Liebe zum Nächsten, der in seinen leidenden Gliedern das nahe Antlitz des gekreuzigten Jesus ist, die Liebe zur Mutter des Herrn, der Mittlerin aller Gnade, die Liebe zu Don Bosco, der jedem Salesianer Brot, Arbeit und das Paradies verspricht.

Diese Liebe erstrahlt in der leuchtenden Pracht des religiösen Lebens von Artemide, das er mit freudiger Radikalität und großzügiger Tatkraft führte.

Unser Mitbruder Artemide Zatti zeigt uns, wie empfänglich die Welt für das Zeugnis des Ordenslebens ist, solange dieses Zeugnis wahr, glaubwürdig und authentisch ist: Der Triumph seiner Beerdigung, der Ruhm seiner Heiligkeit, die Verehrung seines Grabes sind deutliche Zeichen dafür, wie sehr alle den Finger Gottes im Werk dieses großzügigen und treuen Salesianers erkannt haben: „Im Verhältnis zu den Einwohnern von Viedma war die Zahl der Menschen, die zur Beerdigung strömten, beeindruckend. Von überall her strömten bescheidene Menschen mit kleinen Blumensträußen herbei. Neben den Behörden waren noch viele andere Personen anwesend. In den Tagen [nach dem Tod] waren die Menschen überzeugt, dass ein Heiliger gestorben war; einige gingen zum Grab und hofften auf Wunder: Sie beteten, brachten Blumen.“59

Das Leben von Artemide Zatti hat eine Stadt zum Leben erweckt, und heute berührt es die ganze Welt, weil es von Gott spricht: Er hat den Armen und Kranken durch eine beispielhafte Praxis der Keuschheit die Schönheit der jungfräulichen und fruchtbaren Liebe Gottes gebracht; er hat allen den Reichtum des Glaubens geschenkt und dafür mit einer geliebten Armut bezahlt, die so weit ging, dass sie einem Kranken sein Zimmer überließ oder einen Toten dorthin brachte, um ihn in einer letzten Geste der Zärtlichkeit und des Mitleids den Blicken der anderen Kranken zu entziehen; er hat die wahre Freiheit gelehrt, indem er unter bitteren Tränen dem Willen der Oberen gehorchte und sie als Mittler des Planes Gottes anerkannte.

Als vorbildlicher Ordensmann lehrt er mit diesem Zeugnis alle, dass die Gesundheit der Seele ist, die es über jedem anderen Gut zu bewahren gilt, dieser unserer Seele, die so kostbar ist, weil sie von Gott kommt und zu ihm strebt, oft unbewusst, in dem Wunsch, in seinen Armen die ewige Liebe zu finden.

Möge Zattis Liebe unsere Liebe entfachen; möge sein Zeugnis für das Absolute Gottes, die Größe der Seele und unsere wahre Heimat unsere Gesten und unsere pastorale Leidenschaft für eine neue apostolische Treue und eine neue Fruchtbarkeit der Berufung inspirieren. Möge es uns nie an dem mütterlichen Schutz Marias, der Helferin der Christen, fehlen, wie Artemide Zatti ihn immer gesucht hat, und möge die Verehrung der Mutter in jedem Haus der Salesianer in der Welt und in jeder Ecke, in der die Familie Don Boscos präsent ist, ein sicherer Weg sein, der uns hilft, eine Heiligkeit zu leben wie die unseres Mitbruders.

Ich schließe diese Worte mit einem Gebet an den Vater um Fürbitte des neuen salesianischen Koadjutors, des heiligen Artemide Zatti.

Fürbittgebet
um Berufungen von Salesianischen Laien

O Gott, der du uns im heiligen Artemide Zatti
einen vorbildlichen salesianischen Koadjutor geschenkt hast,
der sich deinem Ruf gefügt hat,
der mit der Mildtätigkeit des barmherzigen Samariters
jedem Menschen nahe war,
hilf uns, das Geschenk dieser Berufung zu erkennen,
die der Welt die Schönheit des gottgeweihten Lebens bezeugt.
Gib uns den Mut, jungen Menschen
diese Form des evangelischen Lebens vorzuschlagen,
den Kleinen und Armen zu dienen,
Und mache, dass die, die du rufst, diesen Weg zu gehen,
auf deine Einladung großzügig antworten.
Wir bitten dich hierum durch Fürbitte des heiligen Artemide Zatti
und durch die Vermittlung von Christus, dem Herrn.
Amen.

In wahrer Zuneigung und vereint im Herrn durch gegenseitiges Gebet.
Mit herzlichen Grüßen

Ángel Fernández Artime, sdb
Rektor Major


1 J.E. Vecchi, Seligsprechung des Koadjutors Artemide Zatti: Eine bahnbrechende Neuheit, in ACG 376 (2001), 3.

2 Meine Absicht war, ein kurzes und nüchternes Profil zu erstellen. Wer mehr über das Leben von Artemide Zatti erfahren möchte, findet zahlreiche Biografien über den kommenden Heiligen und kann auch das biografische Profil im Brief von Pater Vecchi lesen, auf den ich bereits hingewiesen habe.

3 Vgl. Positio, S. 35.

4 Vgl. J.E. Vecchi, o.c., S. 15 und Vgl. Positio, S. 47.

5 J.E. Vecchi, o.c., S. 17 und Positio, S. 79.

6 J.E. Vecchi, o.c., S. 18.

7 J.E. Vecchi, o.c., S. 20 und Summarium, S. 310, Nr. 1224.

8 Positio, S. 198.

9 J.E. Vecchi, o.c., S. 25.

10 H.U. von Balthasar, Kennt Jesus uns? Kennen wir Jesus? Morcelliana (= Il Pellicano), Brescia 1981, 95.

11 J.E. Vecchi, o.c., S. 26.

12 J.E. Vecchi, o.c., S. 27.

13 Positio, 31.

14 Positio, 21.

15 H.U. von Balthasar, Gli stati di vita del cristiano, Jaca Book, Mailand 1985, 34.

16 Summarium, S. 43, Nr. 160.

17 H.U. von Balthasar, Die Lebenslagen des Christen, 34.

18 Positio, 206 (Geistliches Profil des Dieners Gottes).

19 Positio super scriptis 12.

20 Brief an seinen Vater, Viedma, 15. Juni 1908.

21 Positio, 75-76.

22 Positio, 80.

23 Positio, 81.

24 Summarium 15.

25 Summarium 80.

26 J.E. Vecchi, o.c., S. 21.

27 Zeugenaussage von Tassara Carlo, Summ. 126-127.

28 Zeugenaussage von Msgr. Peréz Carlo Mariano, Summ. 52.

29 Fiora Luigi, Biographie, Positio 132.

30 Zeugenaussage von Msgr. Peréz Carlo Mariano, Summ. 43-47.

31 Zeugenaussage von Msgr. Peréz Carlo Mariano, Summ. 43.

32 Zeugenaussage von García Oscar Giovanni, Summ. 113.

33 Zeugenaussage von Molinari Ferdinando Enrique, Summ. 151.

34 Zeuge Morero Noelia de Tofoni, Summ. 259.

35 Zeugnis von Pater De Roia Luigi, Summ. 271.

36 Zeugenaussage von Kossman Enrico Mario, Summ. 10

37 Zeugenaussage von Pater Prieto Antonio F. Fernández, Summ. 61.

38 Zeugnis von Pater Brizzola Mario, Summ. 75.

39 Zeugenaussage von García Oscar Giovanni, Summ. 113.

40 Zeugenaussage von Constanzo Giuseppe Nicola, Summ. 103.

41 Zeugenaussage von Giraudini Amalia Teresa, Summ. 117.

42 Zeugenaussage von Linares Manuel, Summ. 92.

43 Zeugenaussage von Msgr. Peréz Carlo Mariano, Summ. 36.

44 Zeugenaussage von Kossman Enrico Mario, Summ. 14.

45 Zeugnis von Pater Brizzola Mario, Summ. 79-80.

46 Zeugnis von Pater Brizzola Mario, Summ. 80.

47 Zeugenaussage von Cadorna Guidi Giovanni, Summ. 218.

48 Zeugenaussage von Dr. Guidi Pasquale Attilio, Summ. 100.

49 Zeugenaussage von García Oscar Giovanni, Summ. 114.

50 Zeugenaussage von De Palma Luigi, Summ. 135.

51 Zeugenaussage von Pater López Feliciano, Summ. 178.

52 Zeugenaussage von Pater López Feliciano, Summ. 174.

53 Zeugenaussage von Echay Peter, Summ. 211-212.

54 Zeugenaussage von Geronazzo Francesco Erasmo, Summ. 274.

55 Zeugenaussage von Pater López Feliciano, Summ. 193.

56 J.E. Vecchi, o.c., S. 47.

57 Die von Pater Vecchi finden sich in ACG 373 (2000) und in La Vocazione del salesiano coadiutore nella pastorale vocale, in Il salesiano coadiutore. Storia, identità, pastorale vocazionale e formazione, Editrice SDB, Roma 1989, 133-161.

58 J.E. Vecchi, o.c., S. 49-50.

59 Zeugenaussage von Giraudini Amalia Teresa, Summ. 115-116.

Von Ángel Kard. FERNÁNDEZ ARTIME

Generaloberer der Salesianer Don Boscos