5 Dez. 2025, Fr.

Seliger Filippo Rinaldi. Ein Vater, der Don Bosco ins Herz des 20. Jahrhunderts trug

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Im Verlauf der salesianischen Geschichte nimmt der Selige Filippo Rinaldi einen besonderen Platz ein. Als dritter Nachfolger Don Boscos und letzter, der ihn persönlich kannte, bleibt er eine diskrete, aber leuchtende Figur: ein Mann von tiefer Demut, ein konkreter Pädagoge, eine spirituelle Führungspersönlichkeit, die die Zeichen der Zeit lesen konnte, ohne ihre Wurzeln zu verlieren. Heute wird er als Meister der Vaterschaft, der verkörperten Pädagogik und der im Alltag gelebten salesianischen Spiritualität anerkannt.

Eine Berufung, die langsam entsteht
Filippo Rinaldi wurde am 28. Mai 1856 in Lu Monferrato in eine Bauernfamilie hineingeboren. Nichts deutete auf eine priesterliche Zukunft hin: Seine Berufung kam mühsam, zwischen Zögern und Flucht. Es war Don Bosco, der ihn suchte und ihn mit väterlicher Geduld überzeugte.
Mit einundzwanzig Jahren trat er in Valdocco ein und fand in Don Bosco nicht nur einen Ausbilder, sondern einen Vater, der ihn Schritt für Schritt begleitete. Filippo war in seinen Studien nicht brillant, zeigte aber bald eine große Fähigkeit zur Beziehung, zum Zuhören und zur Unterscheidung. 1882 zum Priester geweiht, begann er seinen Dienst in Spanien, wo er die Werke mit missionarischer Energie und organisatorischem Geist belebte. Nach seiner Rückkehr nach Italien wurde er Spiritual der Kongregation, bis zu seiner Wahl zum Generaloberen im Jahr 1922, in einer fragilen Zeit nach den imposanten Persönlichkeiten von Don Rua und Don Albera.
Rinaldi brachte einen neuen Stil mit: weniger streng, väterlicher; weniger auf Strukturen, mehr auf Menschen ausgerichtet. Seine Regierung war geprägt von Vertrauen und einer außergewöhnlichen Fähigkeit, zu ermutigen, ohne zu zwingen.

Das Porträt eines Vaters
Wer ihn kannte, beschrieb ihn als einen energischen Mann, aber mit einer sanften und beruhigenden Art. Er liebte nicht das Rampenlicht, sondern die stille Nähe. Modern im Denken, einfach im Sprechen, hatte er eine ganz eigene Art der Begleitung: ohne Vorwürfe, aber mit guter Festigkeit.
Zwischen 1913 und 1915, während der Konferenzen für junge Studenten in Foglizzo, bot er die reifsten Linien seiner pädagogischen Vision an. Diese Worte – von seinen Schülern transkribiert – offenbaren einen realistischen Pädagogen, der den Geist Don Boscos bewahren und ihn den neuen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts öffnen konnte.

Erziehen durch Vorbeugen, nicht durch Korrigieren
Don Rinaldi war ein großer Interpret des Präventivsystems. Er wiederholte, dass die Aufgabe des Erziehers darin besteht, „die Jugendlichen in die Unmöglichkeit zu versetzen, Fehler zu machen“, nicht durch Verbote, sondern durch die Schaffung eines gesunden Umfelds, in dem sie sich geliebt und begleitet fühlen.
Es geht nicht darum, Schwierigkeiten zu vermeiden, sondern innerlich zu wachsen. Der Salesianer muss laut Rinaldi eine lebendige Präsenz sein, kein Zuschauer: Zeit, Umgebungen, Spiele, Mühen teilen.
Für ihn entsteht Bildung nicht aus Büchern, sondern aus Beziehungen. Er misstraute der „Lehrstuhl“-Pädagogik und forderte dazu auf, von den Jugendlichen selbst zu lernen:
„Der Erzieher muss das Leben, die Seelen kennen und den Geist des Opfers haben.“

Wissenschaft ist nützlich, aber nur, wenn sie mit Erfahrung, Güte und alltäglicher Heiligkeit verbunden ist.

Eine Kongregation, die wie eine Familie wächst
Während seines Rektorats erneuerte Don Rinaldi das salesianische Leben ohne Brüche. Er unterschied klar die Rollen der Bildungsgemeinschaft – Direktor als Vater, Präfekt für die Organisation, Katechet für das geistliche Wachstum – aber ohne Distanzen zu schaffen.
Sein einziges Ziel war der Familiensinn. Keine militarisierte Gemeinschaft, sondern ein Zuhause, in dem sich jeder willkommen und verantwortlich fühlt.
Zu seinen fruchtbarsten Intuitionen gehörte die Wiederbelebung der Jugendgruppen, pädagogische Gruppen innerhalb der Oratorien und Kollegien. Keine einfachen Vereine, sondern Räume, in denen die Jugendlichen selbst im Mittelpunkt standen, ihre Kameraden unterstützten und lernten zu dienen. Eine wahre Schule der Bürgerschaft und des Glaubens.

Tradition und Neuheit: eine kreative Treue
Rinaldi beschränkte sich nicht darauf, das zu bewahren, was Don Bosco getan hatte: Er fragte sich, was Don Bosco heute tun würde.
Deshalb förderte er die Überarbeitung der Regeln, die Aktualisierung der Werke, die Aufmerksamkeit für die sich wandelnde Welt. Nicht um den Geist zu ändern, sondern um ihn lebendig zu machen.
Für ihn wird die salesianische Identität nicht dadurch bewahrt, dass man sich verhärtet, sondern indem man mit der Gegenwart atmet: Indem man die Treue zum Geist pflegt, nicht zum Buchstaben, indem man den Mut hat zu erneuern, ohne zu zerbrechen, und die Person mehr in den Mittelpunkt stellt als die Strukturen.
Darin war er überraschend modern und seiner Zeit voraus.

Eine konkrete und leuchtende Spiritualität
Neben dem Pädagogen tritt der spirituelle Mensch hervor. Don Rinaldi war zutiefst Maria, Hilfe der Christen, ergeben, aber er war nie ein distanzierter Mystiker. Seine Spiritualität war einfach, alltäglich, geprägt von Vertrauen und Realismus.
Er folgte der Linie des Heiligen Franz von Sales: Sanftmut, christlicher Optimismus und eine Gelassenheit, die aus der Hingabe an Gott entsteht.
Er wusste, dass Heiligkeit keine Ausnahme ist, sondern ein konkreter Weg: gelebt in Geduld, im Dienst, in der Erziehung.

Vater einer größeren Familie
Sein Blick beschränkte sich nicht auf die geweihten Salesianer. Rinaldi war ein Erbauer der Salesianischen Familie: Er stärkte die Mitarbeiter, unterstützte energisch die Don-Bosco-Schwestern und förderte die apostolische Präsenz der Laien.
1921 gründete er in Ivrea das erste Missionsstudentenwohnheim für junge Menschen, die für die Überseemissionen bestimmt waren: ein Zeichen des Vertrauens in die Jugend und in die Universalität des Evangeliums.
Er starb am 5. Dezember 1931. Mit der Zeit offenbarte sich seine Gestalt in ihrer ganzen Größe. Am 29. April 1990 sprach Johannes Paul II. ihn selig und erkannte seine einfache und väterliche Heiligkeit an.

Ein Erbe, das immer noch spricht
Heute wird die Figur von Don Filippo Rinaldi wieder zu einer Inspirationsquelle. In einer Welt, die Schwierigkeiten hat, zu erziehen und Vertrauen zu schaffen, erinnert sein Zeugnis daran, dass Bildung und Heiligkeit Hand in Hand gehen.
Er trug das Erbe Don Boscos mit kreativer Treue ins Herz des 20. Jahrhunderts: ohne Nostalgie, ohne Zwang, mit der stillen Kraft der Liebe, die begleitet.
Seine Botschaft bleibt aktuell:
– Erziehung ist ein Akt der Vaterschaft und des Vertrauens;
– Der salesianische Geist lebt, wenn er zum Zuhause wird;
– Innovation ist nur dann echt, wenn sie aus dem Evangelium entsteht.

Don Rinaldi lehrt weiterhin, dass Heiligkeit nicht aus außergewöhnlichen Gesten besteht, sondern aus alltäglicher Güte. Es ist das einfachste – und revolutionärste – Geheimnis jeder Erziehung, die aus dem Herzen kommt.

Editor BSOL

Redakteur der Website.