26 Sep. 2025, Fr.

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Ein bewegendes Zeugnis von Raoul Follereau. Er war in einem Leprosorium auf einer Pazifikinsel. Ein Albtraum des Grauens. Nichts als wandelnde Leichen, Verzweiflung, Wut, Wunden und entsetzliche Verstümmelungen.
Doch inmitten dieser Verwüstung bewahrte sich ein kranker alter Mann erstaunlich helle und lächelnde Augen. Er litt körperlich, wie seine unglücklichen Gefährten, aber er zeigte Anhänglichkeit an das Leben, nicht Verzweiflung, und Sanftmut in seinem Umgang mit anderen.
Fasziniert von diesem wahren Wunder des Lebens in der Hölle des Leprosoriums wollte Follereau nach einer Erklärung suchen: Was um alles in der Welt konnte diesem alten Mann, der so vom Bösen gezeichnet war, eine solche Lebenskraft verleihen?
Er folgte ihm, diskret. Er entdeckte, dass der alte Mann sich immer in aller Herrgottsfrühe zu dem Zaun schleppte, der das Leprosorium umgab, und einen bestimmten Ort aufsuchte.
Er setzte sich und wartete.
Es war nicht der Sonnenaufgang, auf den er wartete. Auch nicht auf das Spektakel der Morgendämmerung am Pazifik.
Er wartete, bis auf der anderen Seite des Zauns eine ebenfalls ältere Frau erschien, deren Gesicht von feinen Falten bedeckt war und deren Augen voller Sanftmut waren.
Die Frau sprach nicht. Sie sandte nur eine stille und diskrete Botschaft aus: ein Lächeln. Aber der Mann erhellte sich bei diesem Lächeln und antwortete mit einem weiteren Lächeln.
Das stille Gespräch dauerte ein paar Augenblicke, dann stand der alte Mann auf und trabte zurück in die Kaserne. Jeden Morgen. Eine Art tägliche Kommunion. Der Aussätzige, genährt und gestärkt durch dieses Lächeln, konnte einen neuen Tag ertragen und bis zum neuen Termin mit dem Lächeln dieses weiblichen Gesichts ausharren.
Als Follereau ihn fragte, sagte der Aussätzige: „Sie ist meine Frau!“.
Und nach einem Moment des Schweigens: „Bevor ich hierher kam, hat sie mich heimlich geheilt, mit allem, was sie finden konnte. Ein Hexenmeister hatte ihr eine Salbe gegeben. Jeden Tag schmierte sie mir damit das Gesicht ein, bis auf einen kleinen Teil, der ausreichte, um ihre Lippen für einen Kuss darauf zu legen… Aber es war alles vergebens. Also holten sie mich ab und brachten mich hierher. Aber sie ist mir gefolgt. Und wenn ich sie jeden Tag wiedersehe, dann weiß ich nur durch sie, dass ich noch lebe, nur für sie lebe ich noch gerne“.


Sicherlich hat Sie heute Morgen jemand angelächelt, auch wenn Sie es nicht bemerkt haben. Sicherlich wartet heute jemand auf Ihr Lächeln. Wenn Sie eine Kirche betreten und Ihre Seele der Stille öffnen, werden Sie feststellen, dass Gott Sie zuallererst mit einem Lächeln empfängt.

Von P. Bruno FERRERO

Salesianer Don Boscos, Experte für Katechetik, Autor mehrerer Bücher. Er war Redaktionsleiter des Salesianer-Verlags Elledici. Er ist der Herausgeber des in Italien gedruckten Bulletins "Il Bollettino Salesiano".